Wattenmeer-Schutz Cuxhaven
Wattenmeer-Schutz Cuxhaven

Schadstoffeinträge ins Wattenmeer

Tanja Schlampp, 28.11.2018

 

Beschleunigung und Verstärkung der Schadstoffeinträge in das Küstengewässer und den umliegenden Watten durch Umlagerung von Baggerschlick

 

Die Schadstoffbelastungen im Baggergut hat die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) über einen mehrjährigen Zeitraum ermittelt. Die festgestellten Schadstoffgehalte aus dem Baggerabschnitt (BA) 12 (Osteriff) und den elbseitigen Vorhäfen des NOK bei Brunsbüttel führen aufgrund der Richtwert (RW) 2-Überschreitung beim p,p-DDD zu einer Einordnung des Baggerguts in den Fall 3 nach GÜBAK. (BfG 2017, S. 113 ff.)1 Fall 3 nach GÜBAK bedeutet, dass die Sedimente im Vergleich des Küstennahbereichs als deutlich höher belastet gelten. Zu den Schadstoffen, die den RW 2 überschreiten, gesellen sich weitere Schadstoffe, die über den RW 1 liegen. Hierzu zählen u. a. Blei, Cadmium, Kupfer, Quecksilber, Zink, Phosphor und Stickstoff.

 

Die Schadstoffgehalte des Baggerschlicks aus den Bereichen BA 1 (Wedel), BA 2 (Lühesand) und BA 3 (Juelssand) sind aufgrund der Gehalte des p,p-DDE, p,p-DDT und des HCBs ebenfalls in den Fall 3 nach GÜBAK einzuordnen. Im Baggerabschnitt 1 (Wedel) weisen die Sedimente zudem deutliche, schadstoffinduzierte ökotoxikologische Belastungen auf. (BfG 2017, S. 44 ff.)1 Ökotoxische Untersuchungen geben Auskunft über die akute und chronische Wirkung von Schadstoffen im Baggergut auf Organismen sowie über die Schadstoffanreicherung in Organismen (Bioakkumulation).

 

In der BfG-Systemstudie2 aus dem Jahr 2008 wurden die möglichen Folgen einer Umlagerung von Baggergut aus Wedel nach Osteriff/Brunsbüttel und nach Neuer Lüchtergrund (Cuxhaven) erstmals beschrieben. Bei der Umlagerung von Baggerschlick aus Wedel käme es zu einer Beschleunigung und damit Verstärkung der Schadstoffeinträge in die Küstenregion. Die Beschleunigung und Verstärkung sei umso größer, je weiter der Unterbringungsort vom Baggerbereich entfernt ist. (BfG, Systemstudie I, S. 89)3. Die derzeitige Umlagerung in den Mündungstrichter führt lt. BfG zur

„größten Verstärkung des Schadstoffeintrags in die Nordsee“.

 

Seit 2005 wird Schlick aus der Hamburger Delegationsstrecke bei Tonne E3 zwischen Helgoland und Scharhörn verklappt, seit Mitte 2016 zusätzlich der Schlick aus den Hamburger Hafenbecken. Im Genehmigungsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Umweltministeriums (Melur) vom 25. April 2016 heißt es:

"Aus dem bisherigen Monitoring ist festzustellen, dass es im Ablagerungsbereich zu chemischen und morphologischen Veränderungen gekommen ist. ... Auch wenn im Umfeld dieses Bereiches bisher keine signifikanten Auswirkungen festgestellt werden konnten, sind diese langfristig nicht auszuschließen. Dieses gilt gleichermaßen für eine Anreicherung der hier verbrachten Schadstoffe in der Nahrungskette. Hiervon betroffen sind Benthoslebensgemeinschaften, die sich im Einbringbereich selbst in ihrer Abundanz und Artenzahl verringert haben, wie auch für die diesen Raum großzügig mitnutzenden Fische, Meeressäuger und Vögel. Durch die Einbringung entstehen mit der Verdriftung des Baggergutes Trübungsfahnen … Die Einbringung des Baggergutes aus den o.g. Unterhaltungsmaßnahmen wird über den Einbringungsvorgang hinaus aufgrund der stofflichen Belastung eine langfristige Wirkung auf die Meeresumwelt haben. Sie stellt daher … einen Eingriff gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG dar, da hierdurch die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes erheblich beeinträchtigt werden kann." (Melur Genehmigungsbescheid S. 14)

 

Als 2005 mit den Verbringungen bei Tonne E 3 begonnen wurde, ist man Kritikern damit begegnet, dass es sich um eine auf maximal 5 Jahre begrenzte Ausnahmesituation handeln würde. Ein umfangreiches Monitoring würde zudem mögliche Auswirkungen auf die Meeresumwelt streng überwachen, so dass der Eingriff entsprechend beendet werden könne. 2016 wurde die Genehmigung das 3. Mal in Folge für weitere 5 Jahre erteilt. Und das mit dem Wissen, dass die Meeresumwelt geschädigt wird. Anstatt, wie einst versprochen, die Verbringungen sofort einzustellen, erlaubt das Melur zusätzlich zur Delegationsstrecke den Hamburger Hafenschlick gleich mit zu entsorgen. Als „Schadensersatz“ erhält Schleswig-Holstein einen finanziellen Ausgleich:

 

„Es verbleiben somit unvermeidbare Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, die nicht ausgeglichen oder ersetzt werden können, da ein störungsfreier Meeresboden und ein schadstofffreies Meeresgewässer an anderer Stelle nicht hergestellt werden kann. Für die verbleibenden Beeinträchtigungen wird daher eine Ersatzzahlung festgelegt.“ (Melur Genehmigungsbescheid, S. 15)

 

Auch für die Verbringungen bei Neuer Lüchtergrund vor Cuxhaven gibt es ein Monitoring. Die Ergebnisse werden in Kürze veröffentlicht. Beruhigen kann uns das sicher nicht. Denn Schädigungen, das ist zu befürchten, werden billigend in Kauf genommen und bestenfalls finanziell „ausgeglichen“.

1 BfG (2017): Auswirkungsprognose für die Unterbringung von Baggergut im Verbringstellenbereich VSB 730/740 in der Außenelbe. Im Auftrag der Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter Cuxhaven und Hamburg. Bundesanstalt für Gewässerkunde, Koblenz, BfG-1922

2 BfG 2008: WSV-Sedimentmanagement Tideelbe – Strategien und Potenziale – eine Systemstudie. Ökologische Auswirkungen der Umlagerung von Wedeler Baggergut, Untersuchung im Auftrag des Wasser- und Schifffahrtsamtes Cuxhaven. Bundesanstalt für Gewässerkunde

 

Erläuterungen zu Schadstoffen, die den RW 2 überschreiten:

 

DDT war bis in den 70er Jahren ein weit verbreitetes Insektizid. DDT und seine Abbauprodukte DDE und DDD haben hormonähnliche Wirkungen und reichern sich im Fettgewebe von Menschen und Tieren am Ende der Nahrungskette an. Greifvögel legten Eier mit dünneren Schalen, was zu erheblichen Bestandseinbrüchen führte. Außerdem ist DDT ein Nervengift und wirkt somit auf das Zentralnervensystem. DDT geriet unter Verdacht, beim Menschen Krebs auslösen zu können. Aus diesen Gründen wurde die Verwendung von DDT von den meisten westlichen Industrieländern in den 1970er-Jahren verboten und durch Phosphorverbindungen ersetzt. Phosphorverbindungen wirken ebenfalls gegen Insekten, bauen sich dafür aber schneller ab. Obwohl DDT vor 5 Jahrzehnten verboten worden ist, vermutet die BfG noch heute eine aktive Quelle in der Binnenelbe. (BfG-Auswirkungsprognose2, S. 146)

 

Hexachlorbenzol (HCB) ist ein Fungizid, dass unter anderem in Holzschutzmitteln zugelassen war. HCB zählt zum sogenannten „Dreckigen Dutzend“. Die als Dreckiges Dutzend bekannten zwölf Giftstoffe (u. a. PCB, Dioxin) wurden 2004 weltweit verboten. Alle zwölf Giftstoffe sind organische Chlorverbindungen und stehen im starken Verdacht, karzinogen (krebserzeugend), mutagen (Veränderungen auf das Erbgut) und teratogen (Fehlbildungen bewirkend) zu wirken. Ihre Gefährlichkeit resultiert vor allem aus möglicher Bioakkumulation (Anreicherung im Gewebe), Persistenz (Langlebigkeit), hoher Toxizität (Giftigkeit) sowie der Möglichkeit zum Ferntransport (z. B. in der Nahrungskette).

Kontakt

Tanja Schlampp 

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27476 Cuxhaven

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email: Tanja.Schlampp@wattenmeer-schutz.de

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