Wattenmeer-Schutz Cuxhaven
Wattenmeer-Schutz Cuxhaven

Umweltrecht: Gesetze und Richtlinien zum Schutz des Küstengewässers

Cuxhaven, 28.11.2018

 

Umweltgesetzbuch:

Seit Mitte der 70er Jahre laufen Bemühungen, ein Umweltgesetzbuch zu schaffen. Mehr als einen Entwurf gibt es bislang nicht. Und so müssen wir uns an verschiedenen gesetzlichen Regelungen, Richtlinien und Zielen herantasten, die es zum Umweltschutz gibt.

 

Grundgesetz:

Gemäß Art. 20a GG wird seit 1994 der Staat verfassungsrechtlich dazu gezwungen, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen:

 

„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

 

Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Staatszielbestimmung. Ein konkretes gesetzgeberisches oder verwaltungsmäßiges Handeln ist vor Gericht nicht einklagbar.

 

Leitlinien der Umweltpolitik:

Das Vorsorgeprinzip ist eines der Hauptprinzipien des deutschen Umweltrechts. Es ist geltendes Bundesrecht und darüber hinaus in Artikel 20a des Grundgesetzes verankert. Die Erklärung der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro konkretisiert das Vorsorgeprinzip in Kapitel 35 Absatz 3 der Agenda 21:

 

„Angesichts der Gefahr irreversibler Umweltschäden soll ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit nicht als Entschuldigung dafür dienen, Maßnahmen hinauszuzögern, die in sich selbst gerechtfertigt sind. Bei Maßnahmen, die sich auf komplexe Systeme beziehen, die noch nicht voll verstanden worden sind und bei denen die Folgewirkungen von Störungen noch nicht vorausgesagt werden können, könnte der Vorsorgeansatz als Ausgangsbasis dienen.“

 

Das Vorsorgeprinzip zielt darauf ab, trotz fehlender Gewissheit bezüglich Art, Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit von möglichen Schadensfällen vorbeugend zu handeln, um diese Schäden von vornherein zu vermeiden. Oder, um es in den Worten des Philosophen Hans Jonas zu sagen:

 

„Der schlechten Prognose den Vorrang zu geben gegenüber der guten, ist verantwortungsbewusstes Handeln im Hinblick auf zukünftige Generationen.“ Hans Jonas, Philosoph

 

Der Gesetzgeber hat das Vorsorgeprinzip im Umweltrecht durch verschiedene Vorschriften als Rechtssatz verankert. Eine besondere Ausprägung erfährt das Vorsorgeprinzip durch den gesetzlich verankerten Besorgnisgrundsatz. Dieser findet sich z.B. in §32 und 48 des Wasserhaushaltsgesetzes, die an die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnisse strenge Maßstäbe zum Schutz von Oberflächengewässern und Grundwasser anlegen. Vorschriften, die dazu verpflichten, den Umweltschutz bei der Planung zu berücksichtigen, setzen das Vorsorgeprinzip um.

 

 

Bundesnaturschutzgesetz (BnaSchG):

In §1 Abs. 2 BnaSchG heißt es: Zur dauerhaften Sicherung der biologischen Vielfalt sind Gefährdungen von natürlich vorkommenden Ökosystemen, Biotopen und Arten entgegenzuwirken. Meeres- und Binnengewässer sind vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten.

 

§ 2 Abs. 2 BnaSchG: Die Behörden des Bundes und der Länder haben im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu unterstützen.

 

§ 2 Abs. 4 BnaSchG: Bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand sollen die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden. In § 4 Ziffer 4 heißt es, auf Flächen, die überwiegend zu Zwecken der See- oder Binnenschifffahrt ausgewiesen sind, sind die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen.

 

§ 14 Abs. 1 BnaSchG: Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.

 

§ 24 Abs. 2 BnaSchG: Nationalparke haben zum Ziel, in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik zu gewährleisten. Weiter heißt es in Abs. 3: Nationalparke sind unter Berücksichtigung ihres besonderen Schutzzwecks zu schützen.

 

 

Wasserhaushaltsgesetz (WHG):

§ 27 Abs. 1 WHG: Oberirdische Gewässer sind, soweit sie nicht nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass

  1. eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
  2. ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.

§ 39 WHG Abs. 1 Ziffer 3: Zur Gewässerunterhaltung gehören insbesondere die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern.

 

§ 39 WHG Abs. 2: Die Gewässerunterhaltung muss sich an den Bewirtschaftungszielen nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 ausrichten und darf die Erreichung dieser Ziele nicht gefährden. Bei der Unterhaltung ist der Erhaltung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts Rechnung zu tragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen.

 

 

Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)

§ 7 Abs. § WaStrG: Maßnahmen innerhalb der Bundeswasserstraßen, die der Unterhaltung der Bundeswasserstraßen dienen, bedürfen keiner Erlaubnis, Bewilligung oder Genehmigung.

 

§ 4 WaStrG: Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Bundeswasserstraßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren.

 

§ 8 Abs. 1 WaStrG: Bei der Unterhaltung ist den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu tragen. Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu bewahren. Die natürlichen Lebensgrundlagen sind zu bewahren. Unterhaltungsmaßnahmen müssen nach §§27 bis 31 des Wasserhaushaltsgesetzes maßgebenden Bewirtschaftungsziele berücksichtigen.


 

GÜBAK:

Die Gemeinsamen Übergangsbestimmungen zum Umgang mit Baggergut in Küstengewässern (GÜBAK) haben zum Ziel, einheitliche Maßstäbe und Kriterien für den Umgang mit Baggergut zu schaffen und negative Auswirkungen auf die Umwelt durch legitime menschliche Nutzungen weitestgehend zu minimieren. Die Verschmutzung soll auf diese Weise verhindert werden, um maritime Arten und Lebensräume zu schützen. Die formale Zulassung für die Baggerkampagne erteilt die zuständige Behörde unter Angabe des Gültigkeitszeitraums.

 

Bei der Anwendung nach GÜBAK handelt es sich jedoch um Richtwerte, die - im Gegensatz zu Grenzwerten - keinen rechtsverbindlichen Charakter besitzen. Dennoch haben die Vertragsparteien (Bundesrepublik Deutschland und die Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern) sich dazu verpflichtet, die Richtlinien zu beachten. Bei der Anwendung sind die regionalen Belastungen zu berücksichtigen. Dies gilt einerseits für deutlich höher belastete Bereiche (z.B. Elbeästuar) und andererseits für deutlich niedriger belastete Bereiche (z.B. Nationalpark Wattenmeer).

 

  • Fall 1 nach GÜBAK: Die Schadstoffkonzentrationen liegen unter den Basisrichtlinien R1 oder erreichen sie: Dieses Material entspricht dem Belastungszustand im Küstennahbereich.
  • Fall 2 nach GÜBAK: Mindestens eine Schadstoffkonzentration überschreitet RW 1 und keine überschreitet RW 2: Dieses Material gilt als mäßig höher belastet als Sedimente des Küstennahbereichs.
  • Fall 3 nach Gübak: Mindestens eine Schadstoffkonzentration überschreitet den RW 2: Dieses Material gilt als deutlich höher mit Schadstoffen belastet als Sedimente des Küstennahbereichs.

Je nach vorliegenden Schadstoffkonzentrationen sind folgende Maßnahmen durchzuführen:

 

Fall 1 Schadstoffe im Baggergut bis Richtwert 1:

Es ist die Möglichkeit einer Verwendung oder Verwertung des Baggerguts zu prüfen. Wenn eine anderweitige Verwendung ausgeschlossen ist, dann kann das Baggergut unter Berücksichtigung der physikalischen und biologischen Auswirkungen abgelagert werden. Eine Zulassung ist zu erteilen.

 

Fall 2 Schadstoffe im Baggergut zwischen RW 1 bis RW 2:

  1. Eine Auswirkungsprognose und ggf. ein Überwachungsprogramm ist zu erstellen.
  2. Wenn die Auswirkungsprognose ergibt, dass eine Ablagerung des Baggerguts im Gewässer zu einer erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der Schutzgüter oder an der Ablagerungsstelle zu Schad- und Nährstoffanreicherung im Sediment führt, sind Massnahmen wie im Fall 3 durchzuführen.

 

Fall 3 Schadstoffe im Baggergut größer Richtwert 3:

  1. Maßnahmen wie im Fall 2 und zusätzlich Prüfung der Herkunft der Schadstoffbelastung und Drängen auf deren Beseitigung.
  2. Prüfung einer technischen Behandlung des Baggerguts, z.B. durch Abtrennung des höher belasteten Teils und dessen Ablagerung an Land.
  3. Vergleichende Bewertung der Unterbringungsmöglichkeiten im Gewässer und an Land: Es sind die Möglichkeiten einer Isolierung des Baggerguts im Gewässer (z.B. durch künstliche Inseln) zu prüfen. Ferner ist zu prüfen, ob eine geeignete Ablagerungsfläche an Land für eine gesicherte Unterbringung verfügbar ist. Dabei sollen Risiken für die menschliche Gesundheit, Umweltgefährdung im Zusammenhang mit der Landablagerung und Wirtschaftlichkeitsüberlegungen bewertet werden.
  4.  

Wasserrahmenrichtlinie:

Das Verschlechterungsverbot nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist nach einem EuGH-Beschluss aus 2015 dann verletzt, wenn sich eine Qualitätskomponente (QK) in der niedrigsten Klasse befindet und diese QK maßnahmenbedingt zusätzlich beeinträchtigt wird. Das Küstengewässer vor Cuxhaven (Außenelbe Nord) befindet sich in einem schlechten ökologischen Zustand. Der chemische Zustand ist unter anderem aufgrund der Umweltqualitätsnorm (UQM) für Quecksilber in Biota als „nicht gut“ und damit in der niedrigsten Klasse eingestuft. Damit greift das Verschlechterungsverbot nach WRRL.

 

Eine weitere erwähnenswerte Qualitätskomponente ist die benthische wirbellose Fauna, die in die Klasse „sehr gut“ eingestuft wurde. Die Außenelbe Nord zählt als einziger Wasserkörper in der Tideelbe als nicht erheblich verändert. Damit sind die Bewirtschaftsziele für diesen Wasserkörper der „gute ökologische Zustand“ und der „gute chemische Zustand“ maßgebend.

 

 

Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie:

Mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) hat die Europäische Kommission die umweltpolitischen Anforderungen für den Schutz und die Erhaltung der Meeresumwelt in den Mitgliedsstaaten festgelegt. Nach §45a (1) WHG sind die Meeresgewässer so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres Zustands vermieden wird und ein guter Zustand erhalten oder spätestens bis 2020 erreicht wird.

 

Der VSB 730/740* liegt im Küstengewässer Außenelbe-Nord und somit im Geltungsbereich der MSRL. Die Verbringung von Baggergut wird nach MSRL aufgrund des physischen Verlustes sowie der Einbringung bzw. Freisetzung von Schadstoffen als Belastung bewertet.

 

„Zudem sind mit der Baggergutunterbringung auch die potenziellen Belastungen und Auswirkungen wie physische Schädigung durch Verschlickung, Störung infolge von Unterwasserlärm, Kontamination durch den Eintrag nicht synthetischer Stoffe sowie der Eintrag mit Nährstoffen zu betrachten.“

 

Die Baggerschlick-Verbringungen stehen in Konflikten mit den folgenden Zielen der MSRL:

  1. Schadstoffeinträge über die Flüsse sind zu reduzieren
  2. Schadstoffgehalte in der Meeresumwelt sind zu reduzieren
  3. Die Einzugsgebiete der Wattbereiche sind im natürlichen Gleichgewicht.
  4. Die vorhandenen Substratformen befinden sich in ihrem typischen und vom dynamischen Gleichgewicht geprägten Anteilen. Es besteht ein natürlich vorkommender Salzgehalt
  5. Eine Veränderung der Lebensräume (z.B. Laich-, Brut- und Futterplätze oder Wander-/Zugwege von Fischen, Vögeln oder Säugetieren) aufgrund von Eingriffen führen allein oder kumulativ nicht zu einer Gefährdung von Arten und Lebensräumen bzw. zum Rückgang von Populationen.

 

VSB 730/740=Verbringstellenbereich bei Elbe km 730-740. Es befinden sich 5 Klappstellen zwischen Kugelbake (km 730) und Neuer Lüchtergrund (km 740).

Kontakt

Tanja Schlampp 

Döser Feldweg 195

27476 Cuxhaven

Telefon: 04721-39 86 46

mobil: 0177-86 48 396

email: Tanja.Schlampp@wattenmeer-schutz.de

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