Tanja Schlampp, 23. Februar 2017
Während die Systemstudie I die Unterbringungsmöglichkeiten für das bei Wedel gebaggerte Feinmaterial aufgezeigt hat, betrachtet die Systemstudie II vom März 2014 die Unterbringungsoptionen für gebaggertes Feinmaterial (Schluffe, Feinsande) der gesamten Tideelbe.
Das Feinmaterial stammt im Wesentlichen aus den Baggerbereichen Hamburg, Wedel/Juelssand, NOK (Vorhafenbereiche) und Osteriff.
Die Unterhaltungsstrategie für die überwiegend sandig geprägten WSV-Fahrrinnenabschnitte werden in der Systemstudie II nicht aufgeführt. Dafür wird auf extra Berichte verwiesen, die nach unserem Kenntnisstand noch nicht öffentlich zugänglich sind.
Um das Ziel eines ausgeglichenen Feinmaterialhaushalts zu erreichen, soll – nach erster Abschätzung - ergänzend zur aktuellen Strategie ein zusätzlicher Austrag von 1 Million Kubikmeter Feinsedimenten pro Jahr erfolgen.
Die Verbringstellen sind dabei in drei verschiedene Bereiche aufgeteilt. Für das Cuxhavener Watt ist primär der Bereich „Stromab Max Trüb“ relevant, denn in diesem Bereich liegt unter anderem die Verbringstelle am Cuxhavener Leitdamm.
Der Bereich „Max Trüb“ (liegt zwischen Glückstadt und Osteriff) kann durch Verdriftung und Vermischung der Schadstoffeinträge im Ästuar für Cuxhaven ebenso von Bedeutung sein. Und zwar dann, wenn die Verklappungen im Bereich „Max Trüb“ bei hohem Oberwasserabfluss erfolgen.
Bei einem niedrigen Oberwasserabfluss sorgen die durch die verstärkte Flutströmung aus den Seitenbereichen der Tideelbe in Schwebe gebrachten Schlickschichten für einen verstärkten Stromauftransport in Richtung Hamburg und für eine Zunahme der Trübung. Je nach Dauer einer Phase mit geringen Abflüssen wird unterschiedlich viel Material stromauf transportiert.
„Bei hohen Oberwasserabflüssen ist ein grundlegend anderes Verhalten zu beobachten, denn dann findet ein gravierender Materialschub aus der Trübungszone in Richtung Nordsee statt. (Harms und Nehls 1996).“
Quelle: http://elsa-elbe.de/assets/pdf/Systemstudie_I.pdf, Seite 58
Die Strategie sieht folgendes vor:
Diese Austragungsstrategie bedeutet nichts anderes, als dass belastetes Hamburger Baggergut letztendlich auch am Leitdamm Cuxhaven verklappt werden darf, wenn andere Optionen nicht ausreichen. Dass das in Zukunft verstärkt der Fall sein wird, ist aufgrund der stetig zunehmenden Verschlickung des Hamburger Hafens naheliegend. Die Folgen einer möglichen Elbvertiefung sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Die Vorschläge für dieses flexible Strategiekonzept gehen jedoch noch weiter. In zwei weiteren Fällen darf über die Austragungsmenge von 1 Million Kubikmeter hinaus Material aus dem Hamburger Hafen im Bereich „Max Trüb“ verbracht werden. Und zwar bei außergewöhnlich niedrigen Oberwasserabflüssen
Man könnte auch sagen, dass sich WSV und HPA mit dieser flexiblen Umlagerungsstrategie selbst einen „Freischein“ ausgestellt haben. Wenn die Länder diesem Konzept zugestimmt haben sollten, dann ist praktisch alles möglich.
Jahre mit sehr niedrigem Oberwasserabfluss hat es in 2014 und 2015 gegeben. Der Hafen verschlickte in diesen Jahren besonders stark, einige große Containerschiffe konnten aufgrund der verringerten Wassertiefe zeitweise den Hamburger Hafen nicht ansteuern.
Quelle: 2015-12-08 ndr_Hamburgs bizarrer Kampf gegen den Hafenschlick.
In den strategischen Betrachtungen wird die Unterbringung von Baggergut zur
Tonne E 3 bei Helgoland nicht mit einbezogen, da es sich zum Einen um eine zeitlich befristete Maßnahme handelt und zum Anderen, weil sie keinen Vorteil gegenüber der Unterbringung „stromab Max Trüb“ bringe. Die Unterbringung „stromab Max Trüb“ ist aufgrund des kürzeren Transportweges kostengünstiger als die Verbringung zur
Tonne E 3.
Schadstoffeinträge in bisher weitgehend unbelastete Gebiete werden als unvermeidbar betrachtet. Und so heißt es wörtlich in der Studie:
„Die vorhandene Schadstoffbelastung und das ökotoxikologische Potenzial des Feinmaterials schränken die Optionen eines Feinmaterialmanagements innerhalb des Ästuars ein. Die Ursachen hierfür liegen weitgehend im Bereich oberhalb des Ästuars, so dass vorrangig Maßnahmen im Rahmen des Flussgebiets-Sedimentmanagements erforderlich sind, damit zukünftig noch effizientere Strategien der Sedimentbewirtschaftung möglich werden. Solange aber keine Verbesserung erfolgt, sind die aus dem Umgang mit Elbsedimenten resultierenden Wirkungen unvermeidlich und können nur verringert, nicht aber vermieden werden“
Es ist skandalös, dass Pläne, die solche gravierenden Auswirkungen auf das schützenswerte Weltnaturerbe Wattenmeer haben, nicht vor einer Umsetzung der Öffentlichkeit mitgeteilt worden sind. Und noch unverständlicher ist, dass die Umlagerungsstrategie trotz massiv eingesetzter morphologischer Veränderungen des Wattgebietes und trotz vielfacher besorgter Nachfragen der Stadt Cuxhaven und seiner Bürger unbeirrt fortgesetzt wird. Seit 10 Jahren müssen wir nun schon hilflos mit ansehen, wie immer mehr Wattflächen systematisch zerstört werden.
Dass die Umsetzung der Umlagerungsstrategie rechtlich bedenklich ist, können wir der folgenden Textpassage entnehmen:
„Die geltenden rechtlichen Vorschriften aus der Meeresstrategie-Rahmen-, der Wasserrahmen- und der FFH-Richtlinie sowie des Artenschutzes führen in ihrer Anwendung zu Zielkonflikten, die nur in einer integrierenden Gesamtbewertung der Tideelbe lösbar sind.“