Tanja Schlampp, 28.11.2018
Im nachfolgenden sind die Ursachen für die Wattveränderungen kurz aufgeführt. Wer tiefer ins Thema einsteigen will, der kann sich umfangreich bei Den Ursachen auf der Spur und dort in zahlreichen Unterlinks informieren.
Ein neues Konzept1 läutete 2006 einen Paradigma-Wechsel im Umgang mit Baggergut ein. Die Unterhaltungsmethode des WSA zur Freihaltung des Elbe-Schifffahrtsweges änderte sich daraufhin grundlegend. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Baggergut ortsnah umgelagert. Das heißt, es landete nur das Baggergut vor Cuxhavens Küste, das unmittelbar im Bereich der Außenelbe in der Fahrrinne gebaggert werden musste. Das waren kleine Mengen sandigen Materials, die zudem nur bei Ebbe umgelagert worden sind.
Und heute? Parallel zum Leitdamm östlich der Fahrrinne ist eine Großdeponie für gebaggerten Schlick aus der Fahrrinne der gesamten Tideelbe entstanden. Es handelt sich um insgesamt 5 Klappstellen (plus die Klappstellen bei Neuwerk/Scharhörn), auf denen jährlich bis zu 4 Mio. Kubikmeter schlickiges Baggergut sowie die gleiche Menge sandiges Baggergut aus dem Baggerbereich Osteriff entsorgt werden dürfen. Insgesamt also die unvorstellbare Menge von 8 Mio. Kubikmetern.
Zusätzlich darf in regenarmen Jahren 1 Mio. Kubikmeter bindiges Baggergut aus den BA 1 bis 3 (Wedel bis Juelssand) sowie aus den elbseitigen Vorhäfen des NOK (WSA Brunsbüttel) verbracht werden.
Im Jahr 2016 hat man am Ende des Leitdamms im Verbringstellenbereich (VSB) 738 (Neuer Lüchtergrund) sowie bei Neuwerk/Scharhörn 10. Mio. Kubikmeter Baggergut aus der Tideelbe versenkt. Bei 4 weiteren Klappstellen bedarf es keiner großen Phantasie, um sich vorzustellen, wie sich die bereits heute gravierenden Auswirkungen auf das Cux-Watt weiter beschleunigen werden.
1) Konzept für eine nachhaltige Entwicklung der Tideelbe als Lebensader der Metropolregion Hamburg, HPA und WSV 2006.
Der Leitdamm Cuxhaven zählt zu den strombaulichen Maßnahmen zur Dämpfung der Tideenergie. Der unter Wasser liegende steinerne Leitdamm ragt zehn Kilometer weit in die Nordsee hinaus, um links der Elbmündung als Schlickfänger zu dienen.
Das hydrodynamische Gleichgewicht wurde durch den Leitdammbau infolge des reduzierten Flutraumes massiv gestört.
Im gesamten Bereich des vom Leitdamm abgetrennten Neuwerker Fahrwassers wurde eine erhebliche Verringerung der Wassertiefe und insgesamt eine beträchtliche Sedimentation nachgewiesen.
Der Chef des Wasserstraßen-und Schifffahrtsamtes Bernhard Meyer erklärt, dass es sich beim Leitdamm um den tief greifendsten Eingriff in das dynamische System der Wattflächen vor Cuxhaven gehandelt hätte. Mit dem Leitdamm würden die Ziele „Sedimentfang“ und „Verlandung“ von Prielen und Rinnen (und damit einer Aufhöhung des gesamten küstennahen Wattgebietes vor Cuxhaven) zugunsten des Elbe-Schifffahrtsweges verfolgt werden.
Während in den 60er Jahren mit dem Leitdamm das Ziel verfolgt wurde, Baggerkosten aus der Unterhaltungsbaggerei zu reduzieren, wird mit der neuen Umlagerungsstrategie der WSV dem noch eins drauf gesetzt:
Mit gezielten Verklappungen von Baggermaterial zwischen Cuxhaven, Neuwerk und Scharhörn fungiert der Leitdamm als riesiger Fangarm, um Hamburger Schlick dauerhaft aus dem System der Elbe zu schaffen. Er verhindert, dass der Schlick wieder Richtung oberstrom nach Hamburg verdriftet.
Das Duhner und Neuwerker Watt wird als großes Spülfeld mißbraucht, um die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens zu sichern. Es gibt keine Alternative, weder ökologisch noch ökonomisch, um die gigantischen Baggermassen anderswo unter zubringen. Würde der Schutz des Nationalparks und des Weltnaturerbes Wattenmeer ernsthaft verfolgt werden, dann gäbe es keine weitere Elbvertiefung und keine Verklappungen von Baggerschlick am Weltnaturerbe Wattenmeer.
Im Jahr 2008 wird die Elbvertiefung erstmals für die Verschlickung des Cuxhavener Watts als Ursache genannt. Die Welt/N24 vom 15.07.2008 beruft sich dabei auf ein Papier der Forschungsstelle Küste (NLWKN):
"Elbvertiefung offenbar Ursache - Sedimentschichten sind ungewöhnlich dick - Weitere Zunahme befürchtet. Die in diesem Jahr vor Cuxhaven aufgetauchten Schlickfelder sind offenbar auf die Elbvertiefung zurückzuführen. Der Schlickbefall sei keine vorübergehende Erscheinung, sondern Folge eines strukturellen Wandels, heißt es in einem Papier der Forschungsstelle Küste des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), das der Nachrichtenagentur ddp vorliegt." ...
"Die Forschungsstelle Küste kam zu dem Ergebnis, dass das Watt insgesamt höher geworden ist. Dadurch werde der Seegang beim Tidenhub schwächer und feine Sedimente könnten sich absetzen, sagte Ralf Kaiser vom NLWKN. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Effekte weiter verstärken. Sollte sich herausstellen, dass die Elbvertiefung die Ursache für die Verschlickung sei, "ist eine Abhilfe kaum möglich", heißt es in dem NLWKN-Papier. Diese gebe es nur durch einen erheblichen Rückbau der bisher erfolgten Fahrwasservertiefungen."
Quelle: https://www.welt.de/welt_print/article2214651/Schlick-verschmutzt-Wattenmeer-vor-Cuxhaven.html
Auch die vom WSA Cuxhaven in Auftrag gegebende Systemstudie I gibt einen Hinweis darauf, dass die Aufhöhung (Sedimentation) der Watten größtenteils auf die letzte Elbvertiefung im Jahr 2000 zurück zu führen ist:
„Einen großen Anteil an den Volumenzunahmen im Gewässerbereich außerhalb der Fahrrinne haben die im Zuge des Ausbaus angelegten Unterwasserablagerungsflächen sowie die durch Unterhaltung und Ausbau beschickten Umlagerungsstellen, da das anfallende Baggergut innerhalb des Gewässers verbracht wird. … Auch die tendenzielle Aufhöhung des äußeren Ästuarbereiches deckt sich mit der durch die Laserscanbefliegung beobachteten Aufhöhung der Watten in diesem Elbeabschnitt.“
Quelle: BfG 2008: WSV-Sedimentmanagement Tideelbe – Strategien und Potenziale – eine Systemstudie. Ökologische Auswirkungen der Umlagerung von Wedeler Baggergut, Untersuchung im Auftrag des Wasser- und Schifffahrtsamtes Cuxhaven. Bundesanstalt für Gewässerkunde – Seite 84