Cuxhaven, 05.01.2019
Im Folgenden äußert sich Walter Rademacher zu Aussagen vom WSA in der CN-Serie "Im Schlick" Teil 4: Gefahr für das Watt oder natürlicher Vorgang?“ vom 18.12.2018. Walter Rademacher ist Wasserbauingenieur und Gründungsmitglied unserer Bürgerinitiative Rettet das Cux-Watt. Der Kommentar ist als Leserbrief (leider verkürzt) in den Cuxhavener Nachrichten erschienen.
Diese Frage bleibt im Artikel offen, lässt sich aber eindeutig beantworten: Leitdämme werden im Wasserbau eingesetzt, um die Strömung zu leiten und zu konzentrieren. Mehr Strömung bedeutet mehr Räumkraft und weniger Sedimentation im Hauptstrom und das ist so gewollt. Die Kehrseite ist eine Strömungsverringerung und damit erhöhte Sedimentation auf der Rückseite. Alles hat zwei Seiten.
Speziell beim Cuxhavener Leitdamm kommt noch hinzu, dass er den natürlichen westlichen küstenparallelen Sedimentstrom von Texel bis Jütland unterbrechen sollte.
Das mitgeführte Sediment wird durch den Leitdamm vor der Fahrrinne gestoppt – wie geplant – und bleibt seit 50 Jahren im Cux-Watt liegen. Das spart nochmals Unterhaltungsbaggerungen in der Fahrrinne zwischen Cuxhaven und Neuwerk. Ohne diesen von Menschen für die Schifffahrt errichteten Leitdamm würde es die im Watt zwischen Kugelbake, Neuwerk und Sahlenburg seit dem Bau des Leitdamms erfolgte Sedimentation also nicht geben.
Der dritte bedeutsame Faktor für die Sedimentanhäufungen im Cux-Watt ist der erhöhte Sedimentgehalt im Elbwasser durch unnatürliche Erosion, Baggern, Verklappen (insbesondere zwischen Cuxhaven und Neuwerk) und letztlich auch die Verwirbelungen der gewaltigen Schiffspropeller der ständig verkehrenden großen Schiffe. Unnatürlich hohe Sedimentation ist deshalb ein Problem im gesamten Elbeästuar, nicht etwa nur im Cux-Watt. Ursächlich dafür sind die Eingriffe in den Strom für den Schiffsverkehr – alles selbstgemachtes Leid und Verwirrspiel der Verursacher, von Natur keine Spur.
Das versucht die Wasserstraßen-- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) zu vertuschen. Man stellt sich ahnungslos, wie auch wieder im Artikel vom 18.12.18. Man lenkt ab und verwirrt mit abwegigen Untersuchungen über die Verklappungen bei Tonne E3, unterschlägt aber die Auswirkungen der Verklappungen vor Ort, immer schön am Problem vorbei, genau wie bei der Deichgefährdung durch Schiffswellen im Altenbrucher Bogen.
Warum wird nicht danach gesucht, woher das Sediment stammt, sondern woher es nicht stammt?
Den Fachleuten war von vorneherein klar, dass das ausgebremste Sediment sich im Cuxhavener Watt absetzt, denn es gehorcht allein der Physik, die den Wasserbauern gut bekannt ist, aber das wurde verschwiegen.
Doch genauso ist es geschehen, ca. 2 cm p. a., 1 m in 50 Jahren. Dieser Trend ist bisher ungebrochen und das Watt wächst derzeit bereits über die Leitdammkrone hinaus weiter nach oben, was laut WSV übrigens gar nicht möglich sein sollte, aber jedem sonnenklar ist, der sich mit der Entstehung der Marschen befasst.
Das bedeutet als langfristige Perspektive den Verlust des Watts sowie dessen Begrünung. Abzuwenden ist das nur, indem man erstens endlich ehrlich wird und zweitens bei den Ursachen ansetzt, d. h. den Leitdamm teilweise zurückbaut, um die Strömung im Watt wieder zu verstärken, aber auch das Baggern und Verklappen kann so nicht weitergehen.
Als Gewässerkundler der WSV zu behaupten, die Folgen einer Öffnung des Leitdammes wären „nicht abzuschätzen“, kann ich nur als Verdummung der Öffentlichkeit bezeichnen. Es gibt gute Rechenmodelle, die weltweit erfolgreich für langfristige Prognosen eingesetzt werden. Das hat das Verfahren Elbvertiefung deutlich gemacht, insbesondere vor dem Bundesverwaltungsgericht, und da waren die zuständigen Vertreter der WSV alle anwesend.
Während bereits ein Ökosystem nach dem anderen zusammenbricht, verfolgt die WSV immer eindimensional und stur ihren Interessen nach ihrem Leitspruch: „Wir machen Schifffahrt möglich!“ – und nichts und wirklich nichts Anderes! So billig wie möglich, ohne Rücksicht auf Verluste und regelmäßig zum Nachteil Anderer. Ein Staat im Staate, der schleichend vom wichtigen Teil der Gesellschaft zu seinem Schadorganismus mutiert ist. Hamburg und WSV zum Vorteil, dem Rest der Welt zum Schaden — bis hin zum Totalschaden.