Prognosen im Planfeststellungsbeschluss (PFB) sind zweckoptimistische Fehlanzeigen
Die Baggermassen im Hamburger Hafen und im Unterelbebereich könnten - glaubt man den Befürwortern der Elbvertiefung – allenfalls geringfügig zunehmen. Die tatsächliche Realität beweist - wie angesichts der Tidedynamik nicht anders zu erwarten war -, dass diese Feststellung sich derzeit in das krasse Gegenteil verkehrt.
Die Baggermengen ufern ebenso aus, wie die Kosten für die Beseitigung der Untiefen und die Verbringung bzw. Umlagerung des sog. Baggergutes, insbesondere aus dem Hamburger Hafen.
UZ (Unterzeichner) hatte bereits 2008 eine Steigerung der Unterhaltungsbaggerungen erwartet und hierüber u.a. dem Umweltminister Schleswig-Holsteins berichtet.
In seiner Antwort* hat der Umweltminister Schleswig-Holsteins am 15.6.09 prophezeit, "dass die vom UZ angenommenen Steigerungen in der Grössenordnung sich weder aus den Antragsunterlagen der Projektgruppe Elbvertiefung, noch aus dem Beweissichrungsverfahren zur letzten Elbvertiefung ableiten lassen!." Der damalige Umweltminster Niedersachsens stellt hingegen in seiner Antwort* am 16.7.2008 fest, „dass im Hamburger Hafen die Sedimentation zu erheblichem Mehraufwand führt!“
Er stellt weiter fest, „dass auch die bisherigen Fahrwasseranpassungen massgeblich zur sog. Flutstromdominanz (und damit zum flussaufwärtsgerichteten Sedimenttransport) beigetragen haben.“
Fakten und Zahlen widerlegen die PFB-Prognosen
Angesichts der tatsächlichen ausserordentlichen Zunahme der Baggermassen, insbesondere im Hamburger Hafen, aber auch im Verlauf der Unterelbe, sind diesbezügliche Angaben im Planfeststellungsbeschluss Elbvertiefung (PFB) geradezu hahnebüchener Zweckoptimismus, denn die Planer gehen dort allenfalls von einer nur 10% Zunahme im Unterelbe-Verlauf aus, wobei sie eingestehen, dass in der sog. Begegnungsbox die Zunahme wohl bis zu 50 % betragen könne.
Nach Vollendung der letzten Vertiefung haben die Baggermassen von 19 Mio cbm im Jahr 2000 auf etwa 30,5 Mio cbm im letzten Jahr zugenommen, mithin eine etwa 60%ige Steigerung, wobei für den Schleusenvorhafen Brunsbüttel und das WI-Verfahren (örtliche Umlagerung) Durchschnittswerte der drei Vorjahre angenommen wurden. Schwerpunkt des Baggermassenanfalls in den letzten Jahren war der Hamburger Hafen. (Wohlgemerkt: Noch vor der geplanten Elbvertiefung, die bisher glücklicherweise gestoppt werden konnte!)
Es liest sich wie eine wasserbauliche Märchenstunde auf Seite 2569 des PFB zur Elbvertiefung, wo es heisst,
„es träfe nicht zu, dass infolge der Fahrrinnenanpassung die Unterhaltungsbaggerungen so stark ansteigen werden, dass vorhabensbedingt eine Umlagerung von Hamburger Unterhaltungsbaggergut in der Deutschen Bucht erforderlich würde!“
Obwohl noch keine Vertiefung begonnen hat, sind alleine in den beiden letzten Jahren zusammen 5,7 Mio cbm - das heisst die bisher grösste Menge innerhalb der kürzesten Zeitphase - in der Nordsee südlich Helgoland versenkt worden.
Auf der gleichen Seite im PFB
„wird zukünftig sogar auf der Grundlage eines Optimierungsprogramms nach dem Ausbau eine Reduzierung der Baggermengen angestrebt, insbesondere im Hamburger Hafen.!“ ???
Geradezu grotesk ist der Widerspruch zwischen PFB-Aussage und der Realität auf Seite 2571, wo es heisst,
„dass Baggergut an wasserbaulich sinnvollen Stellen umgelagert wird, so dass ungewünschte Wiedereintreibungen des Materials in die Fahrrinne vermieden werden.“
Die wohl umfangreichsten Verklappungen finden demgegenüber ausgerechnet vor der Hamburger Haustür (10 km flussabwärts querab Insel Neßsand ) statt und dürften damit – aus nachfolgendem Grund – wohl eher als unsinnig bezeichnet werden.
Tatsache ist – wie auch von der wasserbaulichen Fachwelt zugegeben - dass ein nicht unerheblicher Teil der bei Neßsand verklappten Baggermassen in die vertiefte Fahrrinne** und in den Hamburger Hafen zurückgeschwemmt wird.
Diese und viele weitere Widersprüche zwischen PFB und der Realität machen deutlich, dass das Problem Baggermassen und ihr (umweltfreundlicher?) Verbleib wohl niemals zufriedenstellend gelöst werden kann. Höchstbedauerlich ist allerdings auch die Tatsache, dass die Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dieses grosse Umwelt-Problem – im Gegensatz zur Bedrohung des Schierlings-Wasserfenchel – überhaupt nicht gewürdigt haben.
Die von allen Parteien inzwischen anerkannte und bewiesene Flutstromdominanz mit binnenwärtiger Verlagerung der Fein-Sedimente wird nach der bisher umfangreichsten Vertiefung nochmals zunehmen und
der Unterelbe-Ökologie in einem bisher nicht gekannten Mass zusetzen; die Folgen der flussaufwärts gerichteten Sedimenttransporte werden die Kassenwarte beim Bund und der Stadt Hamburg das Fürchten
lehren. Aber auch die für die Schiffssicherheit zuständigen Behörden beim Bund und bei der Stadt Hamburg werden sich warm anziehen müssen, wenn es infolge von Untiefenbildungen zu folgenreichen
Boden- oder Böschungshavarien grosser Containerriesen kommt und letztlich die Frage der Verantwortung hierfür zu klären ist.
Die Natur und der Steuerzahler werden in jedem Fall einschneidende Folgen für die Elbvertiefung tragen müssen.!
Kpt. Klaus Schroh
Schifffahrtsexperte vom NABU Cuxhaven
*O. g. Schreiben liegen dem UZ im Original vor!
** HPA-Mail und Fachweltmeinung liegt ebenso vor
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