Von Ulrich Rohde
Im Wattenmeer hat sich ein riesiger Algenteppich gebildet / Ursache sind Nährstoffeinträge
Mancher Gartenbesitzer würde sich in diesen Wochen der Dürre über so frisches Grün in seinem Garten freuen. Aber dieses Grün wuchert im Watt und da gehört es nicht hin. Über mehrere Quadratkilometer hat sich die Algenblüte im Wattenmeer, wenige Kilometer vor dem Duhner und Döser Strand, ausgebreitet. Das ist für Wattwanderer nicht nur unangenehm, es ist auch ein untrügliches Zeichen dafür, dass hier etwas nicht stimmt.
Bleibt man in Strandnähe, so fühlt sich der Wattboden unter den Füßen fast ideal an, nicht zu hart, nicht zu weich, es läuft sich beinahe federleicht darauf. Geht man gut drei Kilometer weiter nach draußen, bietet sich ein völlig anderes Bild. Hier breiten sich Schlickfelder aus, in denen Wattwanderer bis zu den Knöcheln versinken und kaum vorankommen, und auf der Oberfläche hat sich durch die lang andauernde Hitze ein riesiger Algenteppich ausgebreitet.
Für die Bürgerinitiative "Rettet das Cux-Watt" ist die Algenblüte der sichtbare Beweis für die Folgen der Verklappungen von Baggerschlick aus der Elbe. Der Zusammenhang sei offenkundig, sagen Tanja Schlampp und Peter Roland von der Initiative und fordern Konsequenzen. Denn eine derart gravierende Veränderung im Weltnaturerbe Wattenmeer könne keine rein natürlichen Ursachen haben.
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) sieht die Ursache für das verstärkte Algenwachstum im Zusammenwirken zwischen dem warmen Wetter und vom Menschen verursachten erhöhten Nährstoffeinträgen in die niedersächsischen Übergangs- und Küstengewässer.
Seit Jahren werden große Mengen Baggerschlick aus der Elbe und dem Hamburger Hafen auf Höhe Neuwerk/Scharhörn und beim Neuen Lüchtergrund am Ende des Leitdamms vor Cuxhaven verklappt. Die Verdriftungen des verklappten Baggerguts weisen direkt ins Watt vor Cuxhaven, wie eine Karte der Bundesanstalt für Wasserbau nahelegt. Die Sedimente in der Trübwolke, die nach den Verklappungen entsteht, setzen sich im Watt bei Neuwerk und vor Cuxhaven ab und bilden großflächig Schlickfelder. Diese Flächen haben mit dem ursprünglichen Sandwatt nichts mehr zu tun. Wattwanderungen zu den Seehundsbänken mussten bereits abgebrochen werden, weil das Gebiet zwischen den Rettungsbaken 3 und 4 für Besucher beinahe unzugänglich geworden ist.
"Der Algenteppich zeigt uns, an welchen Stellen im Watt die Nährstoffeintragungen besonders hoch sein müssen", sagt Tanja Schlampp.
Sie und ihr Mitstreiter Peter Roland sind der festen Überzeugung, dass die neuen Schlickfelder zwischen den Rettungsbaken mit Schadstoffen belastet sein müssen.
"Unter normalen Umständen hätte sich die Algenblüte im ufernahen Bereich gebildet, weil es dort wärmer ist", so Schlampp.
Sie warnt vor den möglichen ökologischen Folgen, wenn die Algen bei kälteren Temperaturen absterben und von Bakterien zersetzt werden. Der Abbau der Pflanzen verbrauche Sauerstoff, der wiederum anderen Lebewesen im Wattboden fehlen werde.
Schlampp und Roland werden angesichts der "grünen Misere" im weltweit einzigartigen Naturerbe konkret:
"Wir fordern alle Verantwortlichen auf, der rasanten Zerstörung unseres Ökosystems Einhalt zu gebieten. Die Verklappungen aus dem Elbe-Schifffahrtsweg und dem Hamburger Hafen vor unserer Haustür müssen unverzüglich eingestellt werden."