09.05.2019
Das Umweltbundesamt hat das große Nordseeästuar zum Gewässertyp des Jahres 2019 ausgezeichnet. Das BMU erkennt damit den Wert eines seltenen Gewässertyps an, der nur an Küsten mit Flussmündungen und Gezeitenwelle vorkommt und einen wertvollen Lebensraum für zahlreiche Organismen, Tiere und Pflanzen darstellt.
Das Ästuar ist durch eine Vielzahl an Gefährdungen bedroht. Eine besondere Gefährdung stellt die Einschränkung der Dynamik dar. Die Dynamik wird durch den Ausbau von Schiffahrtswegen (Elbvertiefung), Sedimentverklappungen, anthropogene Veränderungen der hydrologischen Verhältnisse sowie durch Verschmutzung von Oberflächengewässern eingeschränkt.
Um auf diese Gefährdungen aufmerksam zu machen, hat das Umweltbundesamt die Flussmündungen von Elbe, Ems und Weser zum Gewässertyp des 2019 ernannt.
Und in der Tat, die Auszeichnung kommt zum rechten Zeitpunkt. Noch nie zuvor waren die Eingriffe des Menschen in diesem sensiblen Lebensraum so massiv, wie heute. In diesem Jahr haben die Arbeiten für die Elbvertiefung begonnen. Das Ästuar an der Elbe wird gleich an vier Stellen "umgebaut". Es kommt zu einem Teilverschluß der Medemrinne und zu mehreren großen Unterwasserablagerungsflächen im Ästuar, die als Strombremse dienen sollen. Das Ästuar wird nicht nur in seinem natürlichen Verlauf stark eingeschränkt, es verliert auch wertvolle Flachwasserzonen, die als Laichgebiet, Raststätte, Brut- und Lebensraum zahlreicher Arten eine überlebenswichtige Funktion im Ökosystem übernehmen. Die Bagger zwingen das Ästuar in ein enges Korsett und zerstören dabei ganze Lebensräume. In einem natürlichen Ästuar bilden sich ständig neue Sandinseln und tiefe Rinnen. Die ständige Veränderung ist das Besondere eines Ästuars. Dieser stetige Wandel soll mit dem Umbau der Außenelbe deutlich eingeschränkt werden.
Der Ausschnitt aus den Planungsunterlagen für die Elbvertiefung zeigt die verschiedenen Baustellen im Ästuar. In den Unterwasser-Ablagerungsflächen sollen 43,44 Millionen Kubikmeter Baggergut aus der vertieften Fahrrinne untergebracht werden. Hierfür wird eine Fläche von 1.740 Hektar verbaut. Das sind 17.400.000 Quadratmetern, die als Lebensraum unwiderruflich verloren gehen.
Die "Umlagerungsfläche" Neuer Lüchtergrund wurde nach der letzten Elbvertiefung im Jahr 2000 eingerichtet. Der Begriff "Umlagerung" klingt harmlos. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die größte Deponie für Baggerschlick aus der Fahrrinnenunterhaltung. Diese Klappstelle wird mit der nun anstehenden 9. Elbvertiefung in seiner Größe vervielfacht (siehe Abbildung). Die Klappstelle liegt direkt am streng geschützen Nationalpark Wattenmeer.